>>Blausteiner Nachrichten Nr. 43 <<
25.10.2013

Unter Bäumen geht es besser – angepasster „Agroforstbau“ im südlichen Afrika

Auf demselben Stück Land entweder Bäume oder Feldfrüchte – das muss keine strenge Alternative sein. Dass Kaffeesträucher Schattenbäume brauchen ist weithin bekannt. Besonders in tropischen Ländern bietet der Anbau in mehreren Pflanzenstockwerken für viele weitere Kulturen enorme Chancen, von denen besonders Kleinbauern profitieren, die ja global am stärksten mit Hunger zu kämpfen haben.

Ein „Wunderbaum“ macht in diesem Zusammenhang von sich reden: die Akazienart Faidherbia albida, die im ganzen Afrika südlich der Sahara wächst. Als Leguminose kann dieser Baum mit seinen symbiontischen Wurzelknöllchen-Bakterien den Luftstickstoff nutzen. Außerdem holen seine Wurzeln Mineralstoffe aus bis zu 40 Metern Tiefe. So bringt er Nährstoffe in den Boden, auch seine Blätter haben einen hohen Nährstoffgehalt. Einzigartig ist, dass er seine wertvollen Blätter in der Regenzeit – also in der Pflanzzeit - verliert und in der Trockenzeit behält. So beschatten sie die Feldfrüchte nicht, sondern verbessern termingerecht die Nährstoff-Versorgung. Das ermöglicht schon ohne zusätzlichen Dünger erstaunlich gute Erträge, zum Teil bis zu dreimal so hoch wie auf Feldern ohne Faidherbia, z. B. bei Mais oder Hirse. In der Trockenzeit kann der Baum nahrhaftes Futter liefern. Der Einsatz des „Düngerbaums“ ist nur eine Komponente des umfassenden Systems des „Conservation Farming“, das nicht nur im südlichen Afrika zunehmend Schule macht. Es umfasst viele weitere Elemente. Zentral ist eine Umstellung auf schonende Bodenbearbeitung. Der Acker wird nicht mehr vollständig umgepflügt, die Samen kommen in schmale Beete oder bloß tiefe Rillen, die schon in der Trockenzeit vorbereitet werden. Das bremst den Boden-Abtrag, der Hauptvorteil liegt aber im Zeitgewinn. Sobald Regen fällt wird ausgesät. Pflügen kann man in diesen Regionen dagegen erst, wenn der Regen den Boden aufgeweicht hat. Weil es zu wenig Zugvieh gibt müssen gerade arme Bauern dann noch wochenlang warten, bis sie an der Reihe sind. Stickstoff bindende Mikroorganismen im Boden fangen aber direkt nach dem ersten Regen an, nach wenigen Tagen ist dieser Schub wieder vorbei. So kostet jeder Tag Wartezeit einen Teil der Ernte.

Zu „Conservation Farming“ gehören noch andere Methoden. Es kommt u. a. auf optimale Pflanztiefe an, Dünger wird direkt an die Pflanzen gebracht, Mulch speichert Feuchtigkeit, Fruchtwechsel fördert die Bodenqualität. Diese Umstellung des Anbaus führt ohne Kapitaleinsatz, ohne Gentechnik und ohne ökologische Folgeschäden rasch dazu, mehr zu ernten als für das reine Überleben. Statt zu hungern können Kinder zur Schule gehen. Trainer für diese Anbauart haben seit 1996 in einer Art Schneeballsystem inzwischen mehrere hunderttausend Bauern überzeugen können und ihnen entscheidend verbesserte Lebensbedingungen ermöglicht.

Eine gut angepasste Agroforstwirtschaft wird inzwischen gerade für Bauern mit schlechtem Land als große Chance gesehen. Das Welt-Agroforst-Zentrum in Nairobi hat weitere umfangreiche Schulungsprogramme in mehreren Ländern Ostafrikas gestartet. Auch im westlichen Sahel wird Faidherbia auf großen zunehmenden Flächen genutzt, allein in Niger auf 5 Mio ha. Diese Bäume auf den Feldern gehörten hier zu einer jahrhundertealten Anbautradition, die zwischenzeitlich durch Abholzung in Vergessenheit geriet und jetzt in aktualisierter Form wiederbelebt wurde. Dadurch ist die Sahelzone in diesem Bereich, entgegen dem Trend zum Wüstenwachstum, heute fruchtbarer als noch in den 1970er-Jahren – eine echte ökologische Sensation. 2,5 Mio Menschen haben Nahrungssicherheit gewonnen. Die Waldabteilung der Welternährungsorganisation beobachtet weltweit, wie Bäume auf Äckern wieder im Kommen sind. Abgewandelte Agroforstsysteme werden in großen Projekten in China und Brasilien erprobt, in Europa setzen vor allem Frankreich und England darauf. In der BRD, im östlichen Brandenburg läuft ein großangelegter Agroforst-Versuch mit Robinien auf Brachflächen, die der Braunkohle-Tagebau hinterlassen hat.

Quelle: Pfeilhttp://www.dradio.de/dlf/sendungen/wib/1811734/

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