>>Blausteiner Nachrichten Nr. 22 <<
30.5.2014

Agrogentechnik – nicht nur auf dem Acker

Die Diskussion um gentechnisch veränderte (gv) Ackerbau-Pflanzen nimmt aktuell immer breiteren Raum ein. Von der Öffentlichkeit jedoch weitgehend unbemerkt wachsen auch die Bestrebungen zum Einsatz von gv-Bäumen. Noch gibt es dafür – anders als in den USA und China – in der EU keine Marktzulassungen, doch wurden bereits fast 80 Freisetzungsversuche in der EU registriert, vor allem in Spanien, Frankreich, Schweden und Finnland. Dabei geht es hauptsächlich um Pappeln, die dank des Interesses der Holzindustrie zum Lieblingsbaum der Gentechniker wurden, gefolgt von Obstbäumen, besonders Apfelbäumen. Die gentechnischen Veränderungen zielen auf recht verschiedenartige Eigenschaften, großenteils geht es um Krankheitsresistenzen, Holzzusammensetzung und Wachstum.

Diese Ziele klingen unverfänglich, doch es gilt auch hier, spezifische Risiken angemessen einzuschätzen, also Risiken, die sich in vieler Hinsicht markant von denjenigen bei gv-Ackerkulturen unterscheiden:

  • Das Vorkommen von Bäumen ist nicht nur auf Agrarflächen im engeren Sinne beschränkt, vielmehr erstreckt sich ihr Lebensraum auch auf besonders sensible Ökosysteme wie Wälder und Auen. Hier ist eine unkontrollierte Ausbreitung besonders kritisch zu sehen.
  • Die lange Lebenszeit der Bäume und ihre große genetische Variabilität begünstigen genetische Instabilität und das Auftreten unerwarteter Effekte.
  • Durch die lange Lebenszeit besteht eine ebenso dauerhafte Einwirkung auf Böden, Nahrungsnetze und andere Ökosysteme.
  • Viele Baumarten haben ein gewaltiges Ausbreitungspotenzial durch riesige Mengen an Pollen und Samen, die über viele Kilometer verfrachtet werden können. Paradebeispiel ist gerade die Pappel, die 25-50 Mio. Samen pro Jahr bilden kann. Samentransport durch Wind ist über zwei Kilometer, Pollentransport über 8 Kilometer nachgewiesen. Dazu kommt noch eine weiter reichende Verbreitungsmöglichkeit für Samen, Schösslinge und Stecklinge über Flussläufe.
  • Wurzelschösslinge können bei so mancher Baumart, gerade auch bei der Pappel, noch etliche Jahre nach der Fällung eines Baumes austreiben.
  • Wie etliche andere Bäume auch kann sich die Pappel über Artgrenzen hinweg mit anderen verwandten Arten kreuzen.

Alle diese Risiken sind räumlich und zeitlich praktisch nicht kontrollierbar. Sollten sich Schäden in Ökosystemen oder Auskreuzungen in Wildbestände durch einen kommerziellen Anbau von gv-Bäumen herausstellen, so könnte es mit erheblicher Wahrscheinlichkeit für wirksame Gegenmaßnahmen zu spät sein, ein „Zurückholen“ ist dann kaum noch möglich.

Quelle: Pfeil Christoph Then, auf www.martin-haeusling.eu/presse-medien/publikationen/549


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