„Neue Gentechnik: Unsichtbar?“
Die Verfechter und ökonomischen Nutznießer der „neuen“ Gentechnik-Verfahren (am bekanntesten CRISPR-Cas9), wegen ihrer höheren Präzision auch „Genome Editing“ genannt, haben von Anfang an darauf gedrungen, ihre Produkte nicht den gv-Regularien zu unterwerfen. Ihr am lautstärksten vorgetragenes zentrales Argument ist die Erklärung, die damit erzeugten genetischen Änderungen seien nicht von solchen zu unterscheiden, die auch bisher schon bei konventioneller Züchtung als Mutationen genutzt wurden.
Wie bekannt, hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) durch diese Begründung nicht beirren lassen, sondern - kurz gesagt - festgehalten: alle durch gentechnische Verfahren erzeugten Organismen unterliegen nach wie vor den dafür geschaffenen rechtlichen Vorgaben.
Inzwischen wird bekannt, dass auch Genome Editing-Pflanzen sich sehr wohl von konventionell gezüchteten unterscheiden lassen dürften, auch wenn noch kein fertiger alltagstauglicher Test auf dem Markt ist. Die erforderlichen Verfahren sind allerdings komplex und müssen von verschiedenen Ansatzpunkten aus zusammenwirken.
So benötigt z.B. auch das CRISPR-Cas-System Transporthilfen, um in die zu verändernde Zelle hinein zu kommen. Das können z. B. Viren oder Bakterien sein, die danach identifizierbar sind.
Ein anderer Ansatz sind „epigenetische“ Spuren, die mit jeder Änderung der DNA-Sequenz verbunden sind: Dabei geht es um kleinste Moleküle, die an die DNA-Bausteine angehängt werden und dadurch die Regulation der Genaktivitäten beeinflussen. Diese „epigenetische Signatur“ wird zumindest teilweise auch an folgende Generationen weitergegeben und ist überprüfbar.
Schließlich ändert auch Genome Editing bei den allermeisten seiner Produkte die Abfolge eines Teiles der DNA-Bausteine. Sind diese Änderungen bekannt, lassen sich zum Auffinden und Überwachen die gleichen Verfahren einsetzen wie dies bei „klassisch“ gentechnisch veränderten Organismen bereits praktiziert wird. Ohnehin ist es eine zwingende Voraussetzung für die Zulassung eines gv-Organismus, dass das anmeldende Unternehmen eine Methode zur Identifizierung vorlegt.
Fazit: Die Nachweisbarkeit per Genome Editing erzeugter Organismen ist keine Unmöglichkeit, sondern vielmehr in erster Linie eine Frage des politischen Willens. Er müsste sich z. B. darauf richten, eine weltweite Datenbank mit den genetischen Daten aller gv-Organismen – unter Einschluss der genomeditierten – einzurichten.
Quelle:
Gen-ethischer Informationsdienst 249, Mai 2019
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