„Blick über die Grenze: Schweizer gegen Pestizidverbot“
In der Schweiz kamen am 13. Juni zwei Volksinitiativen zur Abstimmung, die ein Verbot des Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft zum Ziel hatten hatten. Die Initiative „Für
eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ forderte ein vollständiges Verbot des Einsatzes von synthetischen Unkraut-Vernichtungsmitteln, Insektiziden und Fungiziden in der Schweizer Landwirtschaft sowie für
den privaten und gewerblichen Gebrauch. Darüber hinaus verlangte sie ein Import-Verbot für diese Mittel. Die zweite Initiative mit dem Motto „Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung“ hatte ihren Fokus auf das Trinkwasser gelegt, zielte damit aber naturgemäß ebenfalls auf eine Reduktion
des Einsatzes von Pestiziden und Antibiotika in der Landwirtschaft. Sie wollte alle Direktzahlungen an Landwirte stoppen, die sich nicht an nachhaltigen und umweltfreundlichen Produktionsmethoden beteiligen. Leider wurden
beide Initiativen abgelehnt. Während sie in den größeren Städten eine knappe Mehrheit erzielten, war die Ablehnung in ländlichen Gebieten massiv und erreichte in der Innerschweiz z.T. eine Ablehnungsquote
von 90%! Auch im Ständerat (entspricht unserem Bundesrat) wurden die Initiativen von allen Kantonen außer Basel Stadt abgelehnt.
Der schweizerische Bundespräsident (Chef der Regierung) kommentierte das Ergebnis dahingehend, dass es die Politik der Regierung bestätige und dass die Bevölkerung damit
ihre Unterstützung einer nachhaltigen (!) und regionalen Landwirtschaft zeige. Der schweizerische Bauernverband „ist froh, dass die beiden extremen Vorlagen keine Mehrheit fanden. Sie hätten die einheimische
Produktion reduziert, Lebensmittelimporte gefördert und die Preise fürs Essen erhöht.“
Anders sehen das die Schweizer Grünen. Sie kommentieren: „Mit der heutigen Ablehnung der Pestizid- und der Trinkwasser-Initiative hat die Pestizid-Lobby obsiegt. Sie hinterlässt
einen Scherbenhaufen in der Schweizer Landwirtschaft“. Eine ökologischere Agrarpolitik zum Schutz der landwirtschaftlichen Böden und der Gewässer bleibe damit blockiert.
In einem Kommentar der gewiß sehr konservativen Neuen Züricher Zeitung heißt es, dass die Initiativen wegen ihrer Radikalität abgelehnt wurden, weil sie z.B. in
der Lebensmittelindustrie jeden Einsatz von Chemie auch bei der Hygiene ausschließen würden. Aber auch in der Schweiz gebe es massive Probleme, weil das Grundwasser mit Pestiziden verschmutzt, die Böden mit
Stickstoff überdüngt und die Biodiversität geschädigt sei. Die meisten Parteien der Schweiz hätten bisher Maßnahmen zur Verringerung der Pestizidlast verhindert. Sie spielten in der helvetischen
Demokratie nach den Regeln der konventionellen Bauernlobby, und diese spiele Demokratie für Profis, mit sämtlichen parlamentarischen Kniffen.
Das Ergebnis zeigt ein grundsätzliches Problem: Vielen Menschen ist der heutige Geldbeutel wichtiger als die Schäden von morgen.
Quellen und weiterführende Informationen:
www.swissinfo.ch/ger/abstimmung-schweiz-pestizide-trinkwasser-agrarinitiativen-13--juni-2021/46686064
www.nzz.ch/meinung/pestizid-initiativen-warum-man-sie-ablehnen-muss-eigentlich-ld.1627417
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