„Unvorhersehbare Wechselwirkungen: Mehr statt weniger Schädlinge durch gv Soja“
In einer aktuellen wissenschaftlichen Publikation aus Argentinien und Brasilien wird berichtet, dass der Anbau einer bestimmten Sorte von genveränderter (gv) Soja die Ausbreitung der Raupen (black armyworm / schwarzer Heerwurm) einer bestimmten Nachtfalterart fördert, die als Schädlinge gelten. Untersucht wurden Felder, auf denen eine gv Sojasorte angebaut wurde, die resistent gegen Glyphosat ist und gleichzeitig ein Insektengift produziert. Jetzt zeigt sich, dass die Kombination dieser Eigenschaften die Ausbreitung der Raupen begünstigt und zu erheblichen Schäden auf den Feldern führen kann.
Die Ursache dieses unerwünschten Effektes sind unvorhergesehene Wechselwirkungen: In den Feldern mit gv Soja breiten sich spezielle Unkräuter aus, die sich an das Herbizid Glyphosat angepasst hatten. Diese Unkräuter sind für die Raupen ein besonders gut geeignetes Futter. Die Raupen beschränken sich aber nicht nur auf diese Unkräuter, sondern sie fressen auch an der Gentechnik-Soja trotz des von ihr produzierten Insektengiftes. Überraschenderweise ist dieses Gift gegen die Raupen nicht nur unwirksam, sondern es scheint im Gegenteil deren Vitalität sogar zu steigern. Es wird diskutiert, ob das Gift eine Art 'positiven Stress' auslöst. Die in der Studie untersuchten Larven des Schädlings wurden jedenfalls größer als in der Vergleichsgruppe. Auch die Anzahl der Nachkommen der Nachtfalter stieg. Sowohl die insektengiftige Soja als auch die resistent gewordenen Unkräuter, deren Auftreten durch die Glyphosatbehandlung der Felder gefördert wird, tragen zu dieser Entwicklung bei.
Dies ist jetzt nicht zum ersten Mal, dass eine Studie zeigt, dass der Anbau von gv Pflanzen zum Gegenteil dessen bewirken kann, was eigentlich beabsichtigt war: Bereits 2014 wurde bekannt, dass die gleiche genveränderte Sojasorte auch die Ausbreitung von Raupen einer anderen Heerwurmart (southern armyworm / südlicher Heerwurm) zu fördern scheint. Zudem wurde 2021 in wissenschaftlichen Publikationen berichtet, dass sich in Brasilien auch die sogenannte Tabakmottenschildlaus in Gentechnik-Soja besonders stark ausbreitet. Die Läuse, die an diesen Pflanzen saugen, sind vitaler und die Zahl ihrer Nachkommen ist deutlich erhöht.
Neu an der jetzt veröffentlichten Studie ist, dass sie auch die Rolle von herbizidresistenten Unkräutern bei der Ausbreitung der Schädlinge ins Blickfeld rückt. Damit wird einmal mehr gezeigt, dass man Ökosysteme – und dazu gehören auch landwirtschaftliche Nutzflächen – mit ihren komplexen Wechselwirkungen als Ganzes und über einen längeren Zeitraum betrachten muss, um beurteilen zu können, welche Auswirkungen die Veränderung eines einzelnen zum System gehörigen Organismus hat. Gentechnisch veränderte Pflanzen sollten daher einer breiteren Risikoprüfung und Technikfolgenabschätzung unterzogen werden als derzeit üblich, bei der auch die behaupteten Vorteile unter einer längerfristigen Perspektive genau und umfassend geprüft werden müssen.
Quelle:
https://www.testbiotech.org/aktuelles/mehr-schaedlinge-durch-transgene-soja |